Montag, 12. September 2011

Kolumne: Achtung Schmeißfliegen!



Hamburg (opt) - Schiffsbeteiligungen sind seit vielen Jahren eine beliebte Form der Kapitalanlage, aber die momentan schwierige Lage in der Schifffahrt ruft selbsternannte Anlegerschützer auf den Plan, die nur Verunsicherung schüren.


Schmeißfliegen sind eine Familie der Fliegen innerhalb der Zweiflügler. Die Schmeißfliege liebt geruchsintensive organische Stoffe und lässt sich mit Vorliebe auf Exkrementen nieder. Deswegen werden diese Fliegen als besonders lästig und eklig empfunden. Lästige Dinge lösen Assoziationen zu dieser Fliege aus.

Überall, wo es in der Welt der Kapitalanlage Instabilität oder Probleme gibt, zieht es Rechtsanwälte, die sich selbst vollmundig als Anlegerschützer titulieren, hin wie Schmeißfliegen. Nicht die ins Straucheln geratenen Kapitalanlagen, sondern die scheinbar wirtschaftliche Perspektivlosigkeit der selbsternannten Retter der Anlegergelder produziert diese Spezies, die sich nichts sehnlicher wünscht, als aus der Schlacht vor Gericht siegreich hervorzugehen. Doch das klappt eher selten.

Diese Spezies hat sich nun auf den Bereich der Schifffahrt kapriziert. Die Formen, in denen diese kleine Schar der Anwälte dabei in Erscheinung tritt, sind sehr unterschiedlich, gleichwohl aber effizient, denn sie lösen bei den Anlegern Verunsicherung aus. Genau das ist der tiefere Sinn dieser Aktionen, denn daraus lassen sich schnell Mandatsverhältnisse entwickeln, die überwiegend dem Geldbeutel der Anlegerschützer nützen.

Natürlich ist es nahe liegend, dass sich diese Anwälte auf die Schifffahrt stürzen. Die Schifffahrt hat unter den Auswirkungen der Wirtschaftskrise in den letzten drei Jahren besonders gelitten. Neben diesen Schwierigkeiten hat sich die Schifffahrt eigene, quasi hausgemachte, Probleme beschert, indem zu viele Schiffe in verschiedenen Einsatzbereichen bestellt wurden. Die logische Konsequenz aus dieser Situation sind wirtschaftliche und liquiditätswirksame Engpässe, unter denen erschiedene Schiffsgesellschaften zu leiden haben und somit auch die Anleger.

Die wirtschaftlichen Notlagen bestehender Schiffsgesellschaften haben Betriebsfortführungskonzepte (BFK) notwendig werden lassen, mit der Folge, dass Anleger gebeten wurden, zusätzliche Mittel bereitzustellen, damit die Schiffsgesellschaft die Krise überstehen kann. In vielen Fällen hat das geholfen und war sinnvoll. Viele BFKs haben die Planschlecht recherchierte Presseveröffentlichungen verwiesen, die durchweg schon älter sind und belegen, dass in den Medien vor den Risiken der Kapitalanlage Schiff seit langem gewarnt wird.

Danach erhält man sämtliche Adressdaten, um Kontakt mit der Kanzlei aufzunehmen. Teilweise erfolgt dies sogar mittels eines Fragebogens, um einen Informationsabgleich zu machen. Das System bei dieser Art der Mandatsgewinnung liegt in der Masse der angeschriebenen Anleger. Wenn man einen Fonds mit einem größeren Volumen hat, kommt man schnell auf 1.500 Anleger und mehr. Wenn man davon nur 1.000 Anschriften zweifelsfrei über das Handelsregister ermitteln kann und diese anschreibt, entstehen zunächst Portokosten von 550 Euro plus circa 20 Euro bis 50 Euro für den Handelsregisterauszug.

Wenn von diesen 1.000 Anlegern nur rund 200 auf das Anschreiben reagieren und es kommt zu einer Erstberatung in der Angelegenheit, dann sind in vielen Fällen erste Honorarforderungen von rund 100 Euro fällig. Es gibt auch Fälle, in denen der Erstkontakt kostenfrei ist, doch das ist die Minderzahl. Wenn es aber so kommt, wie beschrieben, dann hat der Anlegerschützer schon mal 20.000 Euro auf dem Konto, ohne großartig tätig gewesen zu sein. Das ist eine interessante Form der Honorarmaximierung, denn viele dieser Verfahren gehen ins Leere, weil die vermeintlichen Fehler, die diese Anlegerschützer meinen entdeckt zu haben, gar nicht durchsetzbar sind.

Die andere Variante der selbsternannten Anlegerschützer ist die Werbung im Internet auf Seiten, die sich mit der Schifffahrt beschäftigen. Wenn man die kleinen Werbebanner anklickt, dann gelangt man zu Internetseiten von Kanzleien, die dort exzessiv mit Negativberichten zum Thema Schifffahrt für ihre Dienstleistung werben. Es werden zum Teil an den Haaren herbeigezogene Argumente vorgebracht, weshalb Schadenersatzansprüche hergeleitet werden sollen. Ob die angeführten Punkte vor Gericht erfolgreich sein werden, ist schwer zu beurteilen. Aber ein ganz entscheidender Punkt ist in meinen Augen der Informationsgehalt eines Emissionsprospektes. Sämtliche Punkte, die die selbsternannten Anlegerschützer ins Feld führen, sind in den Prospekten sehr ausführlich dargestellt, und zwar im Bereich Chancen und Risiken der Anlage, und sämtliche Vertriebsprovisionen sind in den Investitionsberechnungen erklärt.

Da seit längerer Zeit auch Beratungsprotokolle geführt werden, in denen üblicherweise der Verlauf eines Beratungsgespräches dokumentiert und vom Kunden unterschrieben wird, sehe ich die Erfolgsaussichten für solche Schadenersatzprozesse als nicht sehr hoch an. Vielleicht ist ein Urteil des Amtsgerichts München im Zusammenhang mit dem Verbraucherschutz ganz aufschlussreich. Darin haben die Richter befunden: Auch wenn es mühsam sei, die Lektüre der Vertragsdetails sei jedem zuzumuten, egal, wie umfangreich sie ist. Wenn dieses Urteil Schule machen sollte, stellt sich nur noch die Frage: Wer schützt uns eigentlich vor den selbsternannten Anlegerschützern?

Kolumne von Michael Rathmann



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