Montag, 13. Juli 2009

Big Brother is watching you

Winston Churchill, dem legendären englischen Premierminister, werden die Worte zugeschrieben: Die Demokratie ist eine schlechte Staatsform, aber ich kenne keine bessere. Mit diesen Worten lässt sich wohl am besten die Schizophrenie im Finanzbereich erklären. Große Wirtschaftsmagazine schicken Reporter los, um Testkäufe vorzunehmen. Dabei soll eine Erbschaft von 180.000 Euro sicher und jederzeit liquide angelegt werden. Um dies zu erfüllen, müsste der Finanzberater mehr
oder weniger das gesamte Geld auf ein Festgeldkonto mit 1-2 Prozent Rendite legen. Damit würde der Berater die Note Eins bekommen, hätte aber dem Anleger nicht wirklich gedient. Aber auch in Zeiten größter Unsicherheit und Krisen ist ein ausgewogenes Portfolio dringend anzuraten.

Ein weiterer Pyrrhussieg scheint die derzeitige Diskussion um eine verschärfte Regulierung mit dem Ziel eines verbesserten Anlegerschutzes für die Politik zu werden. Selbst die für die Aufsicht vorgesehene Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gibt bei der Anhörung im Bundestag zu, dass sie eine entsprechende Kontrolle derzeit gar nicht leisten kann. Einfache, effiziente und sofort einsetzbare Maßnahmen zum Schutze der Anleger werden ignoriert.

Lieber wird eine generelle Pauschalverurteilung der Beteiligungsbranche zugunsten einiger Wählerstimmen in Kauf genommen. Hierbei wird übersehen, dass geschlossene Fonds bewusst von der Politik im Rahmen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung genutzt wurden, um politische Ziele wie Forcierung der Erneuerbaren Energien oder die Beschaffung von Kapital für den Mittelstand durch Private Equity durchzusetzen.

Besonders ärgerlich sind Fehlberichterstattungen in Publikumsmedien, die schlechthin falsch sind. Richtig ist, dass es zu einer verbesserten Regulierung kommen wird. Insbesondere Finanzberater werden vergleichbar den heute schon geltenden Regeln
in der Versicherungsberatung eine Qualifizierung nachweisen sowie eine Berufshaftpflicht zur Ausübung ihrer Tätigkeit abschließen müssen.Dies alles wird einen weiteren Qualitätssprung vergleichbar der Abschaffung steuerlicher Verrechnungsmöglichkeiten im Jahr 2005 zur Folge haben.

Trotzdem wird es auch weiterhin schwarze Schafe in der Beteiligungsbranche geben, die nur ein mündiger und aufgeklärter Anleger entlarven kann. Papst Benedikt XVI. hat werbewirksam in diesen Tagen in einer Enzyklika gefordert, dass die derzeitige
Wirtschafts- und Finanzkrise durch eine massive Regulierung des Staates überwunden werden müsse. Doch nur der Ruf nach dem Staat kann keine Lösung in einer liberalen und aufgeklärten Gesellschaft sein. Natürlich ist es berechtigt, zuallererst
von dem Oberhaupt der katholischen Kirche Werte und Ethik im täglichen Leben, aber auch in der Finanzberatung
zu fordern. Wirkliche Werte entstehen aber dadurch, dass sie nicht unter der Knute des Staates erreicht werden. Kontrolle
ist gut, aber moderat und kein Szenario wie „Big Brother“ in Orwell 1984.

Deshalb kann der einzige Weg nur sein, einen nachhaltigen Erfolg in diesem Lebensbereich zu erlangen, Transparenz
und Aufklärung auch bei den Verbrauchern bzw. Anlegern zu erzeugen. Diesen oft als neoliberalen Ansatz gegeißelten
Weg stehen keine Lösungen aus dem Bereich des Neosozialismus oder Neokommunismus entgegen. Somit können Churchills Worte abgewandelt werden:

Liberalismus ist eine schlecht Wirtschaftsform, aber ich kenne keine bessere!