Freitag, 8. April 2011

Partystimung nach der Krise

Im Januar findet traditionell das Weltwirtschaftsforum in Davos statt. Dort trifft sich die Weltwirtschaftselite mit den maßgeblichen Entscheidern aus der Politik und der Wissenschaft und diskutiert, wie die aktuelle Krise überwunden werden ann. Das Wort Krise kann in diesem reise keiner mehr hören. Manche unverbesserliche Optimisten fragen eher: „Welche Krise?“

Dies alles wirkt sich auch auf die Immobilien hierzulande aus. Balsam für Finanzkrisenwunden sind dabei die relativ stabilen Zahlen der letzten Jahre aus Deutschland. Mahner wie Werner Rohmert, Herausgeber des Immobilienbriefes und Immobilienexperte par excellence, weisen jedoch unermüdlich auf gemachte Fehler der letzten Jahrzehnte hin, darunter etwa der Gleichsetzung von Sicherheit mit dem Begriff Core-Immobilien. In seinem Einleitungskommentar im Immobilienbrief vom 28. Januar 2011 betont Rohmert noch einmal die Volatilität dieser Assetklasse: „Wir haben … schon vorgerechnet, dass einige … bekannte Top-Immobilien der 90er Jahre heute noch mit Glück 50-70 Prozent des nominalen Einstandes wert sind.“ Dennoch kommt er zu dem positiven Resümee, dass der deutsche Immobilienmarkt sich nicht nur von der Krise abgekoppelt hat, sondern sogar von der Krise profitiert.

Deutsche Immobilienfonds haben die Nase vornDarauf setzt auch die Beteiligungsbranche auf breiter Front. So hat die Fondszeitung im Dezember 2010 in einer Trendumfrage für das Jahr 2011 ermittelt, dass jedes zweite Emissionshaus künftig Immobilienfonds
auflegen möchte. Und auch hier liegt der Schwerpunkt bei inländischen Immobilienfonds. Für 2011 sind laut der repräsentativen Umfrage fast 50 Prozent mehr Deutschlandfonds als Konzepte in ausländischen Märkten zu erwarten.

Der Markt im Segment deutscher Immobilienfonds ist sehr indifferent. Den Schwerpunkt bilden derzeit Konzepte, die Wohnen in den Mittelpunkt stellen. Möglich geworden ist dies erst durch interessante
Kaufpreise, da Direktimmobilienbesitzer selbst wissen, dass die Mietrendite bei Wohnimmobilien meist sehr gering ist. Renditen über fünf Prozent sind deshalb nur durch eine gewisse Einkaufsmacht meist verbunden mit einer Hebelwirkung bei der Finanzierung – auch Leverage- Effekt genannt – zu erwirtschaften. Eine andere Strategie verfolgen die Einkäufer von notleidenden Immobilien, die – wie wir es aus den USA kennen – mit einem guten Netzwerk zu Banken direkt in die Verwertung gehen. Dies zeigt auch der Umsatzzuwachs um zwölf Prozent bei der Deutschen Grundstücksauktionen AG , einem Spezialanbieter für private Immobilienversteigerungen.

Spezialanbieter von Gewerbe-, insbesondere Einzelhandelsimmobilien, wie die Münchner ILG beziehungsweise die Hahn Fonds GmbH aus Bergisch Gladbach konnten gegen den Markttrend zu Wohnimmobilienfonds in ihrem Spezialsegment zügig und erfolgreich die entsprechenden Angebote 2010 platzieren. In einer eigenen Liga spielen große Emissionshäuser, die ihre eigenen Vertriebsstrukturen im
Rücken wissen. Dies sind insbesondere Banken, die konsequent nach zahlreichen Fettnäpfchen die Immobilie als sichere Anlageform dem Kunden verkaufen. Nicht zuletzt befeuern aktive Umschichtungen von offenen Immobilienfonds die Platzierungsgeschwindigkeiten.

Nischen kann man aber nicht in Zielinvestment direkt finden. So können auch Projektmanagement oder spezielle Marktzugänge Besonderheiten darstellen. Die Bamberger Project GFU hat zum Beispiel sich das Feld anspruchsvoller Bauprojektierungen gesucht. So können sie mit dem speziellen Know-how von Inhouseingenieuren auch schwierig zu planende Grundstücke aufbereiten und dadurch Mitbewerber
hinter sich lassen. Das Tübinger Emissionshaus fairvesta setzt dagegen auf den Immobilienhandel und hat sich hier interessante Marktzugänge erschlossen.

Im Januar 2011 hat auch Ernst & Young (EY) ein ausführliches Trendbarometer zum Immobilieninvestmentmarkt Deutschland vorgelegt. Beim Transaktionsvolumen sieht Ernst & Young Research das Potential, dass die Volumina aus dem Jahre 2008 von 25,9 Milliarden Euro bei den Transaktionen wieder erreicht werden können. In den Jahren 2009 (13,4 Milliarden Euro) und 2010 (22,0 Milliarden Euro) war man mehr oder weniger deutlich unter dieser Grenze geblieben.

Bei Gewerbeimmobilien traten bei den Verkäufern vor allem Finanzinvestoren und Projektentwickler auf. Bei Wohnimmobilien waren es eher ausländische Investoren. Die Käufer im Jahr 2010 bei Gewerbeimmobilien wurden dominiert von institutionellen Investoren. Bei Wohnimmobilien zeigten sich auf der Käuferseite vor allem internationale Fonds und Core-Investoren, aber auch ausländische Investoren, die sich am Markt zurückmeldeten.

Zentrales Element bei EY ist aber der Blick auf das Jahr 2011. Hierbei zeigt sich, dass 90 Prozent der Befragten den Standort Deutschland als attraktiv einschätzen. Eine Bank gab im Rahmen der Studie dabei das Statement ab, dass Deutschland als Wachstumslokomotive derzeit das wohl interessanteste Investmentland darstelle. Und ein Private Equity-Fonds urteilte, dass Deutschland auch in schwierigen Zeiten sich als stabil erwiesen hat und Stabilität derzeit geschätzt wird.

Geschlossene Fonds spielen der Studie zufolge weiterhin ihre Rolle bei den Immobilientransaktionen
in Deutschland. Zwar werden Family Offices, Versicherungen und internationale Assetfonds als deutlich
aktiver eingeschätzt, jedoch lassen geschlossene Fonds offene Fonds und Banken als potentielle Käufer weit hinter sich. Auch bei Exitszenarien bei Immobilienportfolios gewinnen Beteiligungsfonds an Bedeutung. Waren es 2008 lediglich sechs Prozent, die geschlossene Fonds als anvisierte Exitstrategie nannten, sind es 2011 bereits vierzehn Prozent.

Neben aller Euphorie ist auch eine gehörige Portion Realismus angeraten. So brachte Andre Eberhardt, Chefredakteur „Der Immobilienbrief“, eine erstaunliche Aussage von Professor Norbert Walter, Wirtschaftsaugur und ehemaliger Chefvolkswirt der Deutschen Bank, von der Cimmit 2011 mit: „Die Stimmung ist prima, aber der Crash wird kommen! Für 2012 prophezeit Walter den nächsten Crash. Nach einem erfolgreichen Jahr 2011.“

Und damit kommen wir zurück auf Davos. In vielen Medien wird von der Angst der Wirtschaftsführer in den Diskussionen auf dem Weltwirtschaftsforum vor den „schwarzen Schwänen“ berichtet. Damit sind nicht vorhersehbare Ereignisse gemeint, die die Weltwirtschaft in ihrem Strudel nach unten reißen. Bekanntestes Beispiel sind die Terroranschläge 9/11 im Jahr 2001. Potential dafür gibt es reichlich. Denken wir nur daran, was derzeit in Europa mit den Staatsfinanzen passiert oder auch an die weltpolitische Bedeutung der Entwicklungen in Ägypten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen