Freitag, 17. Juni 2011

Quo vadis Schifffahrt?


Quo vadis Schifffahrt?

Wenn man über verschiedene Schifffahrtsbereiche schreibt, die sich unterschiedlich entwickeln und Ausblicke dazu vermitteln will, stellt sich zunächst die Frage: Was stelle ich voran? Die gute Nachricht, oder die nicht ganz so gute? Ich habe mich entschieden, die gute Nachricht ans Ende des Artikels zu stellen, weil dann die Freude länger und nachhaltiger wirkt.




Bulk Carrier

Der Bulkermarkt ist nach wie vor unter Druck, und die Charterraten sind extrem volatil. Zum Teil liegen die0 Charterraten in einigen Schiffsklassen im Bereich der Schiffsbetriebskosten, und es ist nach wie vor schwierig, hier eine zuverlässige oder nachhaltige Prognose abzugeben, wann sich an dieser Situation etwas ändern

wird. Maßgeblichen Einfluss auf den Ratenverfall für einige Schiffssegmente hatten die Überschwemmungen in Australien, weil der Notstand in Queensland dazu führte, dass Kohlegruben und andere Förderanlagen unter Wasser standen und keine Exportrohstoffe mehr gefördert werden konnten. Erschwerend kam hinzu, dass viele Transportwege nachhaltig zerstört wurden und deswegen keine Rohstoffe zu den Verladeanlagen in den Häfen gebracht werden konnten. Diese Situation hat sich zwischenzeitlich verbessert, aber noch keinen Einfluss auf die Charterraten gehabt. Ob sich der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur nach der Katastrophe in Japan positiv auf die Bulkermärkte auswirken wird, lässt sich heute noch nicht sagen. Insoweit bleibt abzuwarten, wie sich dieses Schifffahrtssegment weiter entwi-ckeln wird. Allein im ersten Quartal 2011 wurden 236 Bulker, davon 58 Capesizer

von den Werften abgeliefert. Dies entspricht einer Zunahme der Tonnage von rund 20 Millionen Tonnen, von denen aber die Hälfte auf die Capesizer entfällt. Anlass zur Hoffnung geben die Abwrackzahlen und die Altersstruktur der Flotte. Viele Schiffe sind 25 Jahre und älter. Der wirtschaftliche Einsatz dieser Schiffe ist bei dem derzeitigen Ratenniveau nicht mehr gewährleistet, und der Stahlpreis für Schiffsstahl ist sehr hoch. Dies kann zu größeren Abwrackaktivitäten führen. Bereits im ersten Quartal 2011 wurden 4,8 Millionen tdw aus dem Markt genommen und abgebrochen. Das ist bereits über 80 Prozent dessen, was im ganzen Jahr 2010 verschrottet wurde. Es bleibt die Hoffnung auf Normalisierung, und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.



Tanker

Nicht viel anders verhält es sich aktuell bei den Tankern. Auch hier bleibt abzuwarten, welchen Einfluss die Entwicklungen in Japan auf den Tankerbereich haben. Für den Bereich Mineralöl und Mineralölprodukte kann es zu einer Verknappung kommen, weil einige Raffinerien sehr stark beschädigt worden sind und die extreme Verknappung zum Beispiel von Treibstoffen für Räumgeräte und Kraftfahrzeuge den Import von Fertigprodukten dringend erforderlich machen. Dies könnte sich sehr erheblich auf das Segment der Produktentanker auswirken, mit der Folge, dass sich auch hier eine positive Veränderung ergeben könnte. Noch ist es zu früh, darüber zu spekulieren, ob sich aus der Tragödie in Japan ein positiver Einfluss für den Bereich der Tanker ergeben könnte. Die Probleme in diesem Schifffahrtssegment sind, wie auch bei den Bulkern, durch zu hohe Orderaktivitäten bekanntermaßen „hausgemacht“. Einen ersten Lichtblick gibt die Internationale Energieagentur (IEA), die eineSteigerung im Ölverbrauch für 2011 angekündigt hat. Außerdem ist die Ablieferungsquote von Tankerneubauten werftenseitig rückläufig, auch dies ist ein positiver Trend für die Tankschifffahrt. Diese ersten Anzeichen einer Besserung können aber nicht darüber hinweghelfen, dass die Tankerschifffahrt sich noch einige Zeit in rauer See befinden wird.



Containerschifffahrt

Interessant wird die Entwicklung in der Containerschifffahrt, weil sich allein aus den Zahlen der renommierten Researchhäuser sehr verblüffende Zahlen ableiten lassen. Dazu ist es notwendig einen Blick

auf die Prognose des weltweiten Containerumschlags und die Entwicklung der Containerflotte zu werfen. Der weltweite Containerumschlag hat sich für die Jahre 2000 bis 2010 so entwickelt, wie es in der Grafik in der dunkleren Farbe dargestellt ist. Die Zahlen in Millionen TEU (Twenty Foot Equivalent Unit = ein Standardcontainer von 20 Fuß Länge und 14 Tonnen Beladung) sehen Sie (nachfolgend) in der Tabelle. Für die Jahre 2011 bis 2016 sind folgende Eskalationswerte zu Grunde gelegt worden. Die Steigerung von 2010 auf 2011 ist mit 8,5 Prozent und die Steigerung von 2011 auf 2012 ist mit 8,4 Prozent angesetzt worden. In den Folgejahren ist eine Steigerung von 6,5 Prozent pro Jahr berechnet worden, dies sind sicherlich konservative Annahmen. Diese Zahlen und die Grafik zeigen beeindruckend, mit welchen Steigerungen im weltweiten Containerumschlag von Seiten der Experten gerechnet wird. Zur Bewältigung dieser Steigerungen sind Neubauten für die Containerschifffahrt notwendig, die auch bereits gebaut werden und auch in diesem Jahr teilweise schon zur Ablieferung gekommen sind. Zur Verdeutlichung, was an Containerschiffen in den Jahren 2011 bis 2013 zur Ablieferung ansteht, ist nachfolgend eine Tabelle eingefügt, aus der die Neuzugänge zur fahrenden Flotte ersichtlich werden, mit den Stückzahlen und der jeweiligen Schiffsgröße, die sich aus den weltweiten Orderbüchern ergeben. Die erwarteten Abbruchzahlen sind in der Tabelle enthalten. Aus diesen Stückzahlen errechnet sich die jeweilige Veränderung der Containerkapazität in TEU. Die Zahlenangabenstammen von Howe Robinson & Co. Ltd., London, aus dem „First Quarter Containership Review 2011“.



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