Wen überrascht es eigentlich, wenn Griechenland pleite geht?
Die Medien überschlagen sich, über die Anzeichen zu berichten, Griechenland sei endgültig bankrott. Surprise! Aber wen überrascht diese Erkenntnis eigentlich? Jetzt gilt es, die Wahrheit zu sagen. Das ist zwar nicht unbedingt die Strategie, Wahlen zu gewinnen, aber das Anlegervertrauen.
Landshut (opm) - Noch einmal in aller Kürze: Griechenland hat sich in den Euro geschummelt, Rot-Grün unter Schröder und Eichel haben alle Augen zugedrückt, aus politischen Gründen. Danach hat Griechenland eine Schuldenorgie sondergleichen durch die neu gewonnene Freiheit niedriger Zinsen veranstaltet und Wahlgeschenke verteilt. Alles unter den Augen der EZB, der Europäischen Kommission und der Regierungen. Zu diesem Zeitpunkt ist das in Deutschland schon die große schwarz-rote Koalition mit Merkel und Steinbrück. Es folgen die ersten Anzeichen der Krise 2008 und 2009, und man sah sich als schwarz-gelbe Retter im Tandem Merkel-Schäuble. Schließlich kaufte die EZB im großen Stile die Ramschanleihen des Club Med zur Stabilisierung des Systems. 2012 nun der Schuldenschnitt Griechenlands und immer weitere Hilfspakete für ein bereits seit Jahren bankrottes Griechenland.
Ein Land, eine Bank und jede Firma, aber auch jeder Zuschussempfänger werden nie den Turnaround und die Eigenverantwortlichkeit schaffen, wenn die Verantwortlichen sich sicher sein können, dass sie immer wieder „fresh money“ bekommen. Aber diese einfache schwäbische Binsenweisheit ist nicht politisch opportun. In politischen Hintergrundgesprächen erfährt man seit rund einem Jahr, dass Griechenland nicht mehr zu halten ist. Es will nur keiner sagen. Wenn Philipp Rösler im Sommerinterview nun erklärte, dass ein Ausscheiden Griechenlands nun „den Schrecken verloren hätte“, war das bereits eine politische vorbereitende Maßnahme.
Wirtschaftlich war es, auch wenn manche Ökonomen das anders sehen mögen, nie sinnvoll, Griechenlands ökonomisches Sterben zu verlängern. Politisch wollte man dem Komapatienten aus einer falsch verstandenen Art von hippokratischem Eid die lebenserhaltenden Geräte nicht abschalten. Das mag aus machtpolitischem Kalkül nachvollziehbar sein.
Jetzt gilt es, den Anlegern die Wahrheit zu sagen und damit Anlegervertrauen zurückzugewinnen: Deutsche Steuerzahler werden über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, für das Griechenlandabenteuer eine Solidaritätsabgabe fest einplanen müssen. Denn Deutschland ist im Hintergrund überall als Großzahler – oder sollte man besser Großspender sagen – dabei. Die offen deklarierten Bürgschaften und Zahlungen sind nur die halbe Wahrheit – Deutschland überweist an den IWF, an die EMS, an die EZB, an die Weltbank. Den Sparern wird nicht nur über Monate, sondern voraussichtlich für einige Jahren eine Nullzins- oder Negativzinsperiode bevorstehen. Und es werden immer weitere Belastungen auf sie zukommen. Der Staat wird alle Register ziehen, um durch gesetzliche und regulatorische Maßnahmen seine Geldquellen zu erhalten. So müssen zum Beispiel Versicherungen zukünftig schwerpunktmäßig die uninteressanten Niedrigzinsanleihen der Staaten kaufen. Zwangsanleihen – ob rückzahlbar oder nicht – wurden ebenso schon thematisiert.
Schwierig ist, welche Anlagestrategie die richtige Antwort darauf ist: Ich bewundere immer die Medien, die eine ganz klare Aussage für bestimmte Produkte treffen. Wissen, was richtig war, wird man es aber erst im Nachhinein. Deshalb stehen im Vordergrund zwei Ideen: Streuung und Antizyklik. Aber auch hier gilt es aufzupassen. Wenn man Immobilien nimmt, sollte man Immobilienhandel dem Langfristinvestment vorziehen, eher Mittelzentren wie Metropolen, eher Wohnen wie Büro. Trotzdem gibt es für alle gerade bevorzugten Bereiche Negativbeispiele, bei denen man sagen müsste: Mach das bloß nicht. Ebenso sieht es bei Rohstoffen aus. Gold und Silber gehören in jedes Portfolio, sicher Physisches vor Ideellem. Aber in Krisenzeiten wird der Anleger vom Goldbarren nicht abbeißen können. Zusammenfassend ist zu betonen, dass der Anteil von reellen Sachwerten im Portfolio entscheidend für eine gewisse Portfoliostabilität ist. Dies ergänzt auch die Strategie Aktien vor Anleihen.
Wer als deutscher Anleger seine liebgewonnenen Staatsanleihen als Sicherheitspapiere sieht, sollte mit seinen Gedanken in den März 2012 im Rahmen des griechischen Schuldenschnitts schweifen. Hier wird er erkennen, dass es sich um eine trügerische Sicherheit handelt. Eine Siemensaktie hat schon so manche (Welt-)Wirtschaftskrise in den letzten 100 Jahren überstanden, die deutschen Währungen in diesem Zeitraum nicht.
Ist das schlimm? Anleger werden streckenweise Geld verlieren, das ist sicher. Und zwar deutlich weniger durch vermeintliche Negativprodukte wie geschlossene Fonds oder Aktien, sondern durch festverzinsliche Anleihen, Staatspapiere und Festgelder. Vielleicht nicht so sehr offensichtlich, sondern größtenteils heimlich und subtil allein schon durch fehlenden Inflationsausgleich. Sogar Immobilienwerte können durch Gesetze wie das Lastenausgleichsgesetz von 1952 vom Staat abgeschöpft werden. Dass es trotz dieser Situation Lichtblicke gibt, zeigt ein Projekt des Verlages Fuchsbriefe. Hier wurde die Performance von 90 Vermögensverwaltern unter die Lupe genommen. 33 davon schafften ein positives Ergebnis, fünf von ihnen - darunter Wergen & Partner Vermögensverwaltung sowie Flossbach von Storch - sogar über fünf Prozent und damit deutlich mehr als einen Vermögenserhalt trotz des schwierigen Marktumfeldes.
Der österreichische Wirtschaftsquerdenker Roland Ponholzer entwickelte gerade ein Kapitalerhaltprodukt als Private Placement, wie derzeit bei Mehrgenerationeninvestoren üblich. Eine Mischung aus physischem Gold und Grundstücken in Kanada.Andere Häuser wie Catella Real Estate gemeinsam mit der Neuen Vermögen setzen zum Beispiel auf Wald- und Forstflächen. Allen ist gemeinsam, sich positiv und antizyklisch gegen den Markttrend zu stellen. So gewinnt man Anlegervertrauen zurück und erhält Vermögen.
Deshalb wird die angekündigte Katastrophe im medialen Blätterwald verbleiben. Der Staat wird versuchen, sich so viel Geld wie möglich vom Steuerzahler zu holen. Regierungsverantwortliche Politiker sehen dies wohl als staatliche Aufgabe, denn sparen wird man wegen der anstehenden Wahlen eh nicht. Die Steuerzahler haben aber dagegen das Recht, jegliche legale Möglichkeit auszunutzen, um dies zu verhindern. Durch Abwahl der Politiker, durch Nutzung legaler Steuersparmöglichkeiten oder durch Protest gegen sinnleere Gesetzesvorhaben. Warum Proteste, werden sich manche jetzt fragen. Jean-Paul Juncker, heute Eurogruppenchef, erläuterte 1999 in einem Spiegel-Interview (Der SPIEGEL 52/1999 – S. 136) eindrucksvoll das Wesen der Politik:
Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter.
Deshalb gehören lautstarke Proteste und großes Geschrei der Bürger und der Lobbyisten dazu. Es ist Teil des Spiels. Und wenn es nur dazu dient, den Politikern begreiflich zu machen, dass man es verstanden hat – entweder inhaltlich oder zumindest das Prinzip der Politik!
Edmund Pelikan